WILDE JUNGS - Unbesiegt

26.05.2017

Rock ist tot. Haben sie uns gesagt. Auf deutsch singen klingt immer schmalzig. Haben sie uns gesagt. Gut, dass wir eh nicht zugehört haben. Wir wurden nämlich mal wieder angelogen. Bester Beweis dafür ist die erstaunliche Karriere der Wilden Jungs. Mit vier ebenso ehrlichen wie lauten Alben spielte sich die Band aus Fulda in den letzten Jahren vom Insider-Tipp zur gewachsenen Größe empor. Zu einer aufrichtigen und standhaften Band, der man spätestens seit ihrem letzten Epos „Hasspirin“ nicht mehr den Mund verbieten kann. Jetzt breiten sie die Flügel aus. Und erheben sich mit „Unbesiegt“ in die Lüfte.

Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Die Wilden Jungs wissen sehr gut, was damit gemeint ist. Seit ihrer Gründung 2003 ließen sie sich von nichts und niemandem aufhalten, ließen sich nicht beirren und traten munter die Steine zur Seite, die man ihnen in den Weg legen wollte. Dennoch kam der Motor der Band ins Stocken. Nach großen Erfolgen in den Charts und Konzerthallen lag das explosive Momentum der Deutschrocker im Sterben. „Wir erlebten 2014 einen Zusammenbruch, der die Band fast in den Abgrund getrieben hätte“, resümiert Bandoberhaupt Tyson. „Ich wollte weitermachen, konnte aber nicht. Ich hatte keine guten Ideen. In meinem Kopf entstand einfach kein Bild.“ Das ist schon so dramatisch genug. In seiner Dreifachrolle als Texter, Komponist und Produzent dieser Band kommt das einem Weltenbrand gleich.

„Unbesiegt“ zeichnet diesen Kampf zurück ans Licht nach, dokumentiert Tysons eisernen Willen, sich nach den fruchtbaren Jahren nicht in die Knie zwingen zu lassen. Letztlich war es seine Tochter, die ihm durch seine Schreibblockade half. „Sie malt Bilder, die nicht ihres Alters entsprechend sind“, so Tyson. „Sie blendet alles beim Malen aus, ist komplett versunken, hat das Bild schon im Kopf. Darauf habe ich mich besonnen: Wer ein Bild zeichnen will oder wer eine Geschichte erzählen will, der muss sich seine ganz eigenen Gedanken machen.“ Der Bandleader besann sich auf das, was die Band in früheren Jahren ausmachte. Und brachte den Knoten zum Platzen. Jenes daraus entstandene fünfte Album „Unbesiegt“ zu taufen, ist natürlich nicht nur eine Kampfansage an all die Antagonisten und Opportunisten, die Wilde Jungs immer noch in ein fragwürdiges Milieu drängen wollen.

Es ist zugleich der Triumph über die eigenen Dämonen und der Beweis der unkaputtbaren Freundschaft, die diese Band trotz vierer ganz unterschiedlicher Charaktere zusammenhält. Dass selbst die lautesten Kritiker den Siegeszug der Jungs nicht aufhalten können, verschafft Tyson und seiner unerschrockenen Bande natürlich ordentlich Oberwasser. Schnell, selbstbewusst, provozierend und druckvoll hämmern sie uns ihre ureigene Vorstellung deutschsprachiger Rockmusik um die Ohren. Mit dem explosiven Auftakt „Vorwärts über Gräber“ könnte die Marschrichtung nicht einschüchternder vorgegeben werden: Schlaue Worte, großer Druck – zwischen Rock und Punk errichten sich Wilde Jungs ein massives Königreich, das in der Folge in mächtigen Hymnen wie „Atmet die Gewalt“ oder motivierenden Treuebekundungen wie „Steh auf“ eskaliert. Das ist nicht weniger als die Essenz von Wilde Jungs, gegossen in stählerne Rock-Hymnen für eine bewegte Zeit. Vier Jungs, ein Gedanke, vier Herzen, ein Ziel: Alles oder nichts, ganz oder gar nicht.

Die Band ist erwachsener geworden, hat sich gesucht und neu gefunden. „Unsere Texte gehen da hin, wo es wehtut“, ist sich Tyson sicher. „Sie greifen dahin, wo hingegriffen werden muss. Und am allerwichtigsten: Sie lassen sich von keiner Ideologie vor den Karren spannen.“ Bei allem Ernst der Lage, bei aller Kampfansage an Besitzhunger, Machtgeilheit und Egoismus kommt dennoch der eine oder andere schmunzelnd hochgezogene Mundwinkel in „Senorita“ oder dem wunderbaren Trinklied „Voll oder nüchtern“ nicht zu kurz. Schon klar, die Botschaft kommt an: Manchmal hilft einfach nur ein Abend mit guten Typen in der Kneipe am Eck. Oder in den Armen einer Dame.

Wilde Jungs sind Wilde Jungs, daneben und dazwischen gibt es nichts. Ein Bund fürs Leben, nicht auf den Mund gefallen, kompromisslos, bereit, mit „Unbesiegt“ den nächsten Schritt zu gehen. „Was wir uns aufgebaut haben, kannst du dir nicht mit Geld kaufen“, sagt Tyson dazu. Letztlich stimmt es eben doch: Bewegung entsteht durch Haltung. „Das System, in dem wir leben, hat längst Orwell‘sche Züge“, zeigt sich das Sprachrohr der Band besorgt. „Die Denker sagen nichts und die Dichter dichten das, was populär ist. Bei den großen Punk-Bands des Landes erkenne ich zumindest schon längst keinen Widerstand mehr.“ Genug geredet. Auftritt Wilde Jungs. Die neue unbesiegbare Größe der deutschen Rock-Landschaft.

Unbesiegt ist erhältlich in den folgenden Formaten:

Boxset:

Inhalt: